Der Corona-Shutdown ist besonders hart in einer Stadt, die gebaut wurde, um in ihr zu flanieren. Mademoiselle Lili über den Ausnahmezustand in ihrer Lieblingsstadt und seine auch schönen Seiten.
Der französische Schriftsteller Jules Renard schrieb 1895: „Und füge Paris zwei Buchstaben zu: C’est le paradis.“ So ganz kann ich das nach nun fast neun Jahren nicht mehr unterschreiben. Zu viel Misere und Gedränge sind in den letzten 125 Jahren dazu gekommen. Doch die Schönheit dieser Stadt entschädigt für all die Zumutungen, vor allem, wenn der Frühling kommt. Immer wieder. Seit über einem Monat jedoch dürfen wir nicht mehr raus. Nicht mehr flanieren über die schönen Boulevards, die prachtvollen Parks und Plätze, in den wohl besten Museen der Welt unseren Geist erheben oder in den romantischen Cafés und Restaurants einfach Voyeur und Genießer sein. Wie sagte Humphrey Bogart zum Abschied zu Ingrid Bergmann in „Casablanca“? „Uns bleibt immer noch Paris.“
Paris hat geschlossen. Alles, was diese Stadt lebenswert macht, darf man nicht mehr. Als Normalverdiener ohne systemrelevanten Job und ohne Wochenendhaus im Grünen sitzt man fest in überteuerten Kaninchenställen, die sich Wohnung nennen und weiß nicht, wie lange man sich die Miete noch leisten kann. Wer raus will, muss jedes Mal ein neues amtliches Formular ausdrucken – nur Einkaufen, zur Arbeit fahren, zum Arzt oder zur Apotheke gehen sind erlaubt. Joggen ist seit kurzem nur noch vor 10 und ab 19 Uhr erlaubt, nicht mehr als eine Stunde und nicht weiter als einen Kilometer vom Wohnort. Die Zeit muss eingetragen werden und wehe, man hat keinen Ausweisdokument dabei! Die erste Verwarnung kostet 135 Euro.