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Ooh wie OGATA

Konnichiwa in Paris: Seinen ersten Michelin-Stern hat der japanische Kulturtempel wohl verdient, findet Mademoiselle Lili und zählt die Erbsen.    


Einer für alles, alle für einen: OGATA ist Teesalon, Restaurant, Bar, Boutique und Galerie. In dem ehemaligen Eisenwarengeschäft im Pariser Marais führt Shinichiro Ogata auf 800 Quadratmetern einen Tempel für japanische Lebensart. Er ist Architekt, Designer, Schöngeist und Foodie in einer Person. Sein synästhetisches Empfinden entfaltet er hier bis ins kleinste Detail: Von der Innenarchitektur, den Möbeln, den Cocktails über die Menükarten bis zu zum Geschirr – alles wurde von Ogata selbst entworfen. 


Der Lifestyle-Star aus Tokio, der stets nach „Schönheit und Gleichgewicht in allen Dingen“ sucht, hatte einen holprigen Start in der französischen Hauptstadt, mitten im Pandemiejahr 2020. Während die Boutique für Tee und Tischwaren und die fast spirituelle Atmosphäre des Ortes schnell Stadtgespräch unter japanophilen Schöngeistern wurde, musste das Restaurant die meiste Zeit geschlossen bleiben. Ziemlich schnell, kaum ein Jahr nach der dauerhaften Wiedereröffnung, leuchtete bereits der erste Stern über dem Restaurant. 


An einem kalten Winterabend teste ich endlich mit einer Freundin das Degustations-Menü. Wir nehmen Platz an der Bar, die rund um die offene Küche führt – nur hier ist man der Pole-Position, um das geschickte Ballett der Hände, das Fauchen heißer Pfannen und die köstlichen Aromen aus den Töpfen wie eine immersive Sinfonie der Sinne zu erleben. 

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Die Amuse-bouche kommen in einer Art Setzkasten und sind von makelloser grafischer Klarheit: Die knackigen Erbsen sind darin einzeln gestapelt und wie Pixel geordnet. Wir amüsieren uns und zählen: Es sind genau 42! Dazu zartschmelzende Auberginen, Lauch und andere Gemüse der Saison, jedes mit einer anderen Konsistenz und Geschmacksnote zubereitet. 


Bei der Auswahl der Entrees und den zwei Hauptgängen sagen wir Omakase. „Wir überlassen es Ihnen“, die traditionelle japanische Art, den Koch entscheiden lassen. Das Jakobsmuschel-Carpaccio mit Dashi-Brühe und grüner Zitrone (Sudashi) ist geschichtet wie eine umgekehrte weiße Rosenblüte und entfaltet ein dezentes Umami-Aroma: Die fünfte und für viele asiatische Gerichte typische Geschmacksrichtung, die unsere klassischen Kategorien süß, salzig, sauer und bitter ergänzt.


Das Tamago Horaku ist eine köstliche Abwandlung des traditionellen japanischen Omelettes, bei der der sonst leicht süße Geschmack durch einen Hauch von erfrischendem Yuzu ersetzt wird. Es wird in der heißen Pfanne serviert und wärmt an diesen winterlichen Tag Magen und Seele. Die Wildschweinbrust in Miso-Bouillon auf einer Reiskugel bringt Japan und Frankreich geschmacklich ins Fadenkreuz. Die fermentierte Note von Miso steht dem französischen Wild überraschend gut. 


Jeder Gang ist ein Bild, ein Kunstwerk für sich: In sparsamen Portionen und hochästhetischen Kompositionen, bei der der Akt des Essens bewusst verlangsamt und intensiviert werden soll. 

Man geht zufrieden, aber nicht übersatt nach Hause. Eine Erbse mehr hier und da hätte dem kulinarischen Opus aber auch keinen Zacken aus der Krone gebrochen. 


www.ogata.com